Spruch des Tages:

  • Leben. Eine Zumutung! Aber muss ja.

Donnerstag, 4. September 2014

Und wenn das Leben dir Zitrone gibt, mach Limonade draus!

Das ist gar nicht so einfach. Nach fast 6 sauren Jahren kann ich keine Zitronen mehr sehen. Jedenfalls nicht ohne Ingwer, heißes Wasser und mit reichlich Zucker.
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass sich alle 7 Jahre das Leben eines Menschen verändert. Wenn das tatsächlich so ist, hab ich noch ein mieses Jahr vor mir. OK, DAS sollte dann auch noch zu schaffen sein.

Angefangen hat eigentlich alles Anfang 2009, als ich meine MS-Diagnose bekam. Damit kann ich zwischenzeitlich sehr gut leben. Der Verlauf ist glücklicherweise sehr, sehr moderat. Ich habe seit der Diagnose nur einen größeren Schub gehabt und ansonsten bloss gelegentliches Kribbeln hier und da. Ich hatte mir dieses Jahr überlegt, ob ich dennoch eine Basistherapie machen soll und mich deshalb im Knappschaftskrankenhaus in Sulzbach in der MS-Ambulanz vorgestellt. Der Arzt dort war unheimlich nett und hat sich viel Zeit genommen. Natürlich befürtwortet er die Basistherapie. Das sei sozusagen "State of the art". Ob ich das für mich wolle, müsse ich dann natürlich für mich entscheiden. Ich wollte bzw. will mir zumindest mal anhören, was es da heute für Möglichkeiten gibt. Immunsusppresiva (scheiden für mich persönlich von Vorneherein aus), immunmodulierende Lösungen oder eben Tabletten. Letzteres fand ich eigentlich sehr reizvoll, sofern man bei so einem Thema überhaupt von reizvoll sprechen mag. Die Aussicht, mir jeden Tag oder zumindest einmal wöchentlich eine Spritze verpassen zu müssen, finde ich nicht so prickelnd. Die Nebenwirkungen der Tabletten allerdings auch nicht: Haarausfall!!!!
Im Alter von fast 50 Jahren mit sich veränderndem Hormonhaushalt hänge ich an meinem Seidenhuhnhaar. Ich möchte keines missen!

Jedenfalls wurde mir die Entscheidung ob Basistherapie ja oder nein nun quasi aus der Hand genommen. Bei einem Schädel MRT mit Kontrastmittel wurden zwar keine neuen Läsionen festgestellt, dafür ein gutartiger Tumor am Gehörnerv. Genauer gesagt ein Akustikusneurinom bzw. Vestibularisschwannom linksseitig. Größe ca. 1x1 cm, Richtung Hirnstamm wachsend.

Diese Art von Tumor ist insoweit gutartig, als er nicht streut, d.h. keine Metastasen bildet. Das ist aber auch schon alles, was an diesem Teil nicht bösartig ist. Er wächst - langsam zwar, aber doch stetig, wie die MRT-Bilder von vor drei Jahren zeigen. Wenn man weiß, wonach man suchen muss, findet man es auch. Damals hat man halt nicht danach gesucht.
In diesen drei Jahren ist der Tumor um gut die Hälfte gewachsen, was ein "wait and scan" ausschließt. Es muss gehandelt werden. Nur wie?
Strahlentherapie oder Operation?
Nun hänge ich nicht nur an meinem Seidenhuhnhaar, sondern auch an meinen verbliebenen Hirnzellen, die durch die MS bereits schon ein wenig in Mitleidenschaft gezogen sind. Eine Bestrahlung habe ich für mich persönlich ausgeschlossen. Mag sie noch so wenig invasiv sein, fehlende Studien über die Langzeitauswirkungen bestärken mich in meinem Entschluss.

Das muss natürlich jeder für sich entscheiden. Aus heutiger Sicht - gut zweieinhalb Monate nach Diagnosestellung - habe ich anfangs den Fehler gemacht, intensiv im Internet nach dieser Art Turmor zu suchen und alles zu lesen, was ich finden konnte. Das hat mich ziemlich runter gezogen. Ich habe mich verrückt gemacht, das klitzekleine Neurinom hat sich in meinem Leben breit gemacht und mich 24 Stunden am Tag beschäftigt.
Irgendwann bin ich dem Rat meiner Trallala gefolgt, habe den Tumor sinnbildlich unter den Dielenschrank verbannt und ihm erklärt, er dürfe erstmal bleiben bis ich ihm sage, dass er zu gehen habe. Das funktioniert erstaunlicherweise sehr gut. Ab und an hat er mal unterm Schrank vorgelugt, wurde aber jedes mal wieder nachdrücklich zurück geschickt.

Mittlerweile habe ich ein Forum gefunden, dass mir persönlich sehr geholfen hat. Nicht zuletzt auch bei meiner Entscheidung mich operieren zu lassen. Hier wird nicht nur gejammert und sich gegenseitig erzählt, wie schlecht es einem geht. Hier wird einem konkret, sachlich und trotzdem auch sehr menschlich geholfen, zugehört und zugesprochen. Ich kann dieses Forum nur wärmstens empfehlen.
Ebenfalls empfehlen kann ich die Deutsche Hirntumorhilfe e.V. . Bei der Suche nach passenden Kliniken für die OP bekam ich eine Liste mit Häusern genannt, die speziell diesen, recht seltenen Tumor, schon häufig operiert und somit eine gewisse Erfahrung damit haben. Ebenfalls geholfen hat mir die Webseite meiner Krankenkasse (TK). Sämtliche Krankenhäuser müssen ihre Leistungsberichte bei den Kassen einreichen. Anhand dieser Leistungsberichte kann man sich bspw. per Suchanfrage mit gezielten Suchbegriffen die Anzahl der pro Jahr operierten ANs in den einzelnen Kliniken auflisten lassen.

Ich habe mich für eine Klinik entschieden und werde mich nächste Woche mit all meinen Unterlagen dort vorstellen. Und dann.... werde ich weiter berichten. :-)